Archiv des Autors: Lisa Wild

Buchtipp #12 Danke, gut genug! – Perfektionismus entspannt hinter sich lassen

(Gabi Ingrassia, Verlag Scorpio 2016, ISBN 978-3-95803-077-0)

Klappentext

Wege aus der Perfektionismus-Falle

Innere Zufriedenheit statt Erfolgszwang
Der Drang nach Selbstoptimierung und Perfektion lähmt und kann sogar krank machen. Kluge und gut umsetzbare Praxistipps einer erfahrenen Psychotherapeutin verhelfen zu mehr Gelassenheit

Sich für die eigenen Stärken wertschätzen
Erkennen Sie, wo Ihnen Perfektionismus nutzt, wo Sie ihn weiter ausleben wollen – und wo nicht.

Leicht geht’s besser
Abwechslungsreich und ideenstark: Mit vielen Fallbeispielen und Reflexionsfragen für den Aha-Effekt im Alltag.

Mein Eindruck

Auf den ersten Blick:
Angenehmes Format, modernes und frisches Design, mit 95 Seiten nicht zu kurz und nicht zu lang, aufgelockert durch unterschiedliche Seitengestaltung, Wissensvermittlung wechselt sich mit Tipps, Übungen und treffenden Sprüchen ab. Informativ, zeitgemäß, charmant.

Auf den zweiten Blick:
Der Autorin gelang ein Buch, das nicht nur ausreichende und fundierte Information bietet, sondern fast schon einen Workbook-Charakter hat.

Beispiele, Fotos und Sprüche lockern die Theorie auf und machen anschaulich, worum es ihr geht. Fragen, Tests und Tipps, sowie Übungen helfen, das Thema nicht nur theoretisch und logisch zu erfassen, sondern es in der Praxis, mitten im Leben, nutzbar zu machen. „Tun“ muss man es allerdings schon selbst. Auch wenn vielleicht die ein oder andere Übung nicht für jeden passend ist, ist insgesamt auf jeden Fall genug für jeden enthalten.

Das Buch ist in drei große Kapitel unterteilt: Perfektionismus unter der Lupe, Zeit für Veränderung und Räumen Sie Ihren Weg frei. Die Kürze der einzelnen (Unter-)Abschnitte ermöglicht auch einen entspannten Zugang zum Thema. Also ganz passend zum Thema.

Der Band ist Teil der Buchreihe „Leichter Leben“ des Scorpio Verlags. Im Klappentext heißt es hierzu: „Die Reihe >>Leichter Leben<< steht für Bücher, die unterstützen und Spaß machen. Uns geht es darum, Sie zu einem neuen Lebensgefühl zu inspirieren und Sie bei entspannten Veränderungsprozessen zu begleiten.“ Mit diesem Selbsthilfe-Ratgeber ist das meiner Meinung nach durchweg gelungen.

Fazit: Lesenswert – für alle, die Ihrem Perfektionismus entspannter begegnen wollen.

Buchtipp # 11 Die Weisheit des Erfolgs. Von der Kunst, mit natürlicher Autorität zu führen.

(Evelin Kroschel, Verlag EKL-Edition 2008, ISBN 978-3-00-022044-9)

Klappentext

„Ein sehr interessantes Buch, das sich wohltuend von jenen der Management-Schreibgurus abhebt: Es ist informativ und zeigt neue Aspekte auf! Natürliche Autorität wird in ihren lernbaren Komponenten erkennbar und der Rachedynamik wird aufgrund direkter und indirekter Kränkungen eine zentrale Rolle als Innovationsbremse zugewiesen. Mit ihrem ‚Rad der Motive‘ entlockt die Autorin, Psychotherapeutin und im Management-Coaching erfahren, dem Leser sehr konstruktive Assoziationen. Es macht Spaß, das Buch zu lesen.“ (Prof. Norbert Szyperski, Universität zu Köln)

„Die Psychologin Evelin Kroschel hat das bestätigt, was man schon lange geahnt hat: Macht macht glücklich. In ihrer spannenden Abhandlung beleuchtet die Autorin das Phänomen Macht. (…) Die Ausübung von Macht muss nicht gleichbedeutend sein mit Manipulation, Intrige und Gewalt. Wer erfolgreich sein will, sollte Macht lieber so definieren: als Einfluss und Größe.“ (Westdeutsche Allgemeine Redaktion)

„Die Weisheit des Erfolgs. Von der Kunst mit natürlicher Autorität zu führen … und von der höchsten Kunst, sich selbst zu führen!“ (Manager-Magazin)

„Prädikat: Empfehlenswert.“ (Visionen)

Mein Eindruck

Vorneweg: ich bin befangen. Dieses Buch ist das Grundlagenbuch für Führungskräfte meiner Mentorin Dr. Evelin Kroschel-Lobodda. Ich arbeite seit mehr als 11 Jahren mit der von ihr entwickelten und im Buch in den Grundzügen geschilderten Theorie zu Kränkungsdynamiken und Bedürfnissen. Und bin damit immer ausgezeichnet gefahren.

Doch nun zum Inhalt.

Sie finden im Buch in 8 Kapiteln grundlegende Erklärungen zu den Themen Macht und Ohnmacht, Bedürfnisbefriedigung, natürliche Autorität, Kränkungsdynamiken, das Motivrad zu der von ihr entwickelten Bedürfnistheorie samt Training und einiges zur Kunst der intuitiven Führung.

Das Buch baut Schritt für Schritt alle Informationen auf, die man benötigt, um sich den Gesamtzusammenhang erschließen und das von Dr. Kroschel-Lobodda entwickelte Modell verstehen zu können.

Auf den ersten Blick jedoch scheint es ein sehr einfaches Modell zu sein. Beschäftigt man sich dann länger damit, wird einem erst bewusst, wieviel Komplexheit sich letztlich dahinter verbirgt. Aus Erfahrung kann ich sagen: nach so langer Zeit entdecke ich immer wieder noch etwas Neues. Damit bildet es für mich die vielschichtigen Zusammenhänge des Lebens (und damit auch gelingender Menschenführung) besser ab als jedes andere Bedürfnis-Modell.

Und genau aus diesem Grund ist das Buch nicht nur für Führungskräfte geeignet. Jeder Mensch profitiert davon, menschliches Miteinander besser zu verstehen. Und genau das ist ein Effekt, der nach ernsthafter Auseinandersetzung mit dem Buch eintritt.

Fazit: Lesenswert – für alle, die gut und menschlich führen möchten oder mehr über das menschliche Miteinander verstehen wollen.

Beziehungen, Liebe und all das…Fragen, Gedanken, Antworten auf dem Weg zu einer erfüllenden Beziehung

„Deine Aufgabe besteht nicht darin, nach Liebe zu suchen, sondern alle Hindernisse in dir selbst aufzuspüren, die du dagegen aufgebaut hast.“
-Rumi

Es gibt Situationen, Ereignisse, Verletzungen in Beziehungen, die – auf ihren Kern reduziert – in sehr vielen Beziehungen gleich oder ähnlich ablaufen. Die Fragen, die hierzu von Paaren und Einzelpersonen, von alt und jung, quer durch alle Berufs- und Bildungsschichten an mich heran getragen werden, ähneln sich oft sehr.

Zumeist ist bei zwischenmenschlichen Problemen irgendeine Form von Angst enthalten: Angst vor dem Alleinsein. Angst vor Nähe. Angst vor Verlust oder dem Verlassenwerden. Angst vor dem Schönen. Angst vor Zurückweisung. Angst vor Fehlern. Angst, sich selbst zu verlieren. Angst, sich im Anderen zu verlieren. Angst davor, dass es einfach gut sein kann, wie es ist (ja, auch das kann Angst machen). Angst davor, dem anderen nichts vorspielen zu können, sich wirklich zeigen zu müssen. Angst, nicht gut genug zu sein. Angst, die eigene Freiheit zu verlieren. Angst, dass sich etwas Schreckliches wiederholt. Angst, dass die eigenen Schattenseiten entdeckt werden. Angst vor dem Vergleich mit anderen. Angst, Angst, Angst… Die Liste ließe sich schier endlos erweitern.

Diese eigenen Ängste in jedem selbst sind die Hindernisse, von denen Rumi in obigem Zitat spricht. Das Dilemma: zu wenige Menschen kennen sich so gut, dass ihnen ihr Innerstes samt seiner Ängste und Schattenseiten, also ihre inneren Hindernisse, wirklich bewusst sind. Und falls doch, sind sie alleine dadurch noch lange nicht überwunden. Ängste können sehr hartnäckig sein. Immer wieder kommen sie mit einer anderen Maske um die Ecke und machen einem das (Beziehungs-)Leben schwer.

Wenn dann noch (Macht-)Spielchen dazu kommen, die in zu vielen Beziehungen ihr Unwesen treiben (z.B. wer hat „mehr“ recht), das Tauziehen darum, wer eigentlich Täter und wer Opfer ist, ohne zu merken, dass jeder beides ist, diese ganzen Muster, die sich genauer betrachtet aus den obigen Ängsten entwickeln, dann – spätestens dann – bleibt die Liebe auf der Strecke. Nicht unbedingt, weil keine Liebe mehr da wäre. Das ist sogar eher seltener der Fall. Sondern weil sie in den Hintergrund tritt. Die Auswüchse und Äußerungen der Angst sind nun mal lauter als die Liebe.

Aber was tun? Wie kann diese unglückliche Dynamik unterbrochen werden, die auf beiden Seiten nur zu Verletzungen führt und letztlich dann nur noch Verlierer zurücklässt?

Zuerst braucht es den Mut, vor sich selbst zuzugeben, was da eigentlich in einem ist.

Was fühlt man im Einzelnen tief in sich? Was hat zum Beispiel die jetzige Situation mit den eigenen Prägungen zu tun? Woher kennt man das noch, was da gerade in einem passiert, wie es sich anfühlt? Wann und warum sind innere negative Überzeugungen entstanden, die immer und immer wieder dieselben leidvollen Erfahrungen verursachen? Mit welchen Gedanken und Interpretationen quält man sich immer wieder, obwohl sie sehr schmerzhaft sind? Und in den meisten Fällen mit den Tatsachen wenig bis gar nichts zu tun haben, also noch nicht mal wahr sind. Warum kann man dem Partner nicht Vertrauen oder Glauben schenken – vielleicht sogar als Vorschuss?

Wo liegen sie, die wahren Ursachen? In den allerwenigsten(!) Fällen liegen sie tatsächlich beim derzeitigen Partner.

Ich höre Sie schon sagen: „Moment mal! Wo denn sonst? Schließlich hat er/ sie mir dieses und jenes angetan und überhaupt…“

Das ist jedoch nur ein kleiner Teil dessen, was ist.

Die wahren Ursachen für Beziehungs-Dilemmata beginnen häufig sehr viel früher. Aber Achtung: es geht nicht um Schuldzuweisung! Es kommt immer darauf an, was jeder für sich selbst aus Geschehnissen und Prägungen macht. Gehen Sie also auf die Suche – aber mit Bedacht, Wohlwollen und ehrlicher Reflexion. Ändern können Sie weder Vergangenes, noch andere.

Sie können aber sehr wohl beeinflussen, wie lange oder wie stark etwas Vergangenes – Erlebnisse, Prägungen, Überzeugungen bzw. innere Glaubenssätze – Macht über Ihr (Gefühls-)Leben hat und wie Sie daraus resultierend auf Situationen reagieren. Und ich finde, das ist eine gute Nachricht. Denn dadurch erhalten Sie Ihre Wirksamkeit und die Möglichkeit zurück, Ihr eigenes Leben selbst zu gestalten.

Wer sich gut kennt und weiß, wer er ist und was ihn ausmacht, wer wirklich Eigenverantwortung übernimmt, sich seiner Handlungen und Worte bewusst ist und was sie bei anderen auszulösen vermögen, achtsam ist in Bezug auf Projektionen und (Fehl-)Interpretationen, sich dabei selbst auch noch mag und einigermaßen in seiner Mitte ist, verliert sich immer weniger in Machtspielchen, Täter-Opfer-Dynamiken, Kränkung und Rache. Und nebenbei bemerkt: es ist dann quasi unmöglich, sich im Anderen zu verlieren.

Gehen Sie zielstrebig dabei vor, gleichzeitig aber geduldig mit sich. So eine Veränderung braucht seine Zeit. Das, was Sie über Jahre oder Jahrzehnte geprägt oder begleitet hat, Ihnen Angst gemacht hat, verabschiedet sich nicht in ein paar Sekunden, nur weil Sie – leger formuliert – zufällig ein paar Zusammenhänge entdeckt haben und mal ‘ne Minute darüber nachdenken. Ein wenig Ausdauer und Nachhaltigkeit ist durchaus hilfreich. Ebenso wie Hilfe von außen: durch den Partner, die Familie, einen guten Freund oder eben auch mal durch einen Coach oder Therapeuten.

Mein Tipp: Fragen Sie sich immer wieder: was wollen Sie stattdessen? Statt der Angst, statt dem Streit, statt den unsäglichen Mustern, die immer wieder weh tun. Und was würden Sie tun, wenn Sie keine Angst hätten?

Und zu guter Letzt: erinnern Sie sich immer wieder aufs Neue an die Liebe und was sie ausmacht.

Buchtipp #10 Wenn die Giraffe mit dem Wolf tanzt. Vier Schritte zu einer einfühlsamen Kommunikation.

(Serena Rust, Verlag Koha 2013, ISBN 978-3-936862-77-5)

Klappentext

Stell dir vor, du bist sauer auf deinen Partner – und du kannst es so ausdrücken, dass er es versteht, ohne sich angegriffen zu fühlen. Oder – deine Partnerin macht dir einen Vorwurf – und du verstehst, was sie braucht, anstatt gekränkt zu sein. Dieses leicht verständliche Buch vermittelt die grundlegenden Schritte zu einer erfolgreichen Kommunikation, bei der alle gewinnen können und die Bedürfnisse aller Beteiligten gleich wert sind, so dass Kommunikation wieder von Einfühlung und Verständnis, statt von Durchsetzen und Rechthaberei getragen wird. Die Methode basiert auf der Gewaltfreien Kommunikation von Marshall Rosenberg, der weltweit als Mediator bekannt ist und nun seit einigen Jahren sehr erfolgreich auch in Deutschland seinen bahnbrechenden Ansatz vermittelt.

Mein Eindruck

Gewaltfreie Kommunikation (GfK) und Marshall B. Rosenberg – immer mehr Menschen haben zumindest schon davon gehört. Und die Menge an Literatur ist mittlerweile reichlich geworden.

Ein wenig aus der Reihe der mir bekannten GfK-Bücher fällt das kleine, preiswerte Büchlein von Serena Rust.

Auf knappen 169 Seiten (ohne Anhang betrachtet) bietet die Autorin einen Einstieg in das bewährte Kommunikationsmodell. Ihr kleinformatiges Buch gliedert sich grob in drei große Kapitel plus Vorwort, Prolog und Anhang.

Es ist in einer bildhaften Sprache und mit vielen Beispielen geschrieben. Witzige und selbsterklärende Zeichnungen ergänzen den Inhalt. Am Ende des Buches befinden sich noch vier Listen, die gerade in stressigen Kommunikationsmomenten hilfreich sein können, da zum Nachschlagen geeignet: Beispiele für Gefühle, die auf erfüllte oder unerfüllte Bedürfnisse hinweisen, Beispiele für „Interpretations“-Gefühle und Bedürfnisse.

Bei aller Ernsthaftigkeit des Themas schreibt Frau Rust aus meiner Sicht so lebendig und herzerfrischend, dass vieles schon intuitiv verstanden werden kann. Auch wenn die eigene Umsetzung dann natürlich noch Übung und Reflexion erfordert.

Humor und Leichtigkeit kommen nicht zu kurz, der Aufbau ist so gewählt, dass man gerne auch nur wenige Seiten zwischendurch lesen kann. Dass das ein oder andere Beispiel zwecks Anschaulichkeit ein bisschen überzogen wirkt, stört mich persönlich nicht. Letztlich geht es im Kern ja um einen Perspektivenwechsel. Und der fällt mit deutlichen Beispielen vielleicht etwas leichter.

Wer sich allerdings bei strikt sachlichen Büchern wohler fühlt, sollte eher einen anderen Titel zum Thema GfK wählen.

Ergänzend sei noch angemerkt, dass es ein weiteres Buch von Serena Rust gibt: „Giraffentango – Selbstbewusste Kommunikation in der Partnerschaft“. Es kann unabhängig von meinem Buchtipp gelesen werden, kommt mir persönlich sogar noch nähe. Auch sprachlich empfinde ich es noch klarer in seinen Aussagen als „Wenn die Giraffe mit dem Wolf tanzt“. Und es ist aus meiner Sicht keinesfalls nur für Paarbeziehungen geeignet, wie der Titel vermuten lässt. Allerdings fehlen in dem Band „Giraffentango“ die oben erwähnten Listen, die den Einstieg in die Gewaltfreie Kommunikation erleichtern und erhellen können. Aus diesem Grund habe ich mich für das blaue Büchlein als Buchtipp entschieden.

Wolfsohren und Giraffenohren – meiner Meinung nach würden unsere privaten und beruflichen Beziehungen ganz grundsätzlich davon profitieren, wenn wir uns mit dieser Art der Kommunikation beschäftigen. Selbst wenn man nur Teile davon umsetzt.

Fazit: Lesenswert – für alle, die einen Einstieg in dieses einfache Modell und gleichzeitig komplexe Thema der Gewaltfreien Kommunikation suchen.

Mitgefühl oder Mitleid. Was ist eigentlich der Unterschied?

„Pity is just another form of abuse.“ / „Mitleid ist eine Form der Misshandlung.“
(Michael J. Fox, Interview The Guardian, 06.10.2013)

Wie kommt jemand mit einer so schwerwiegenden Diagnose wie Michael J. Fox dazu, sich so gegen Mitleid auszusprechen? Das klingt im ersten Moment ein wenig seltsam. Nun – hierfür müssen wir vorab vielleicht beleuchten, was der Unterschied zwischen Mitleid und Mitgefühl überhaupt ist.

Umgangssprachlich sprechen wir von Mitleid, wenn wir uns sehr gut in die Lage eines anderen versetzen können. Wenn wir dessen Situation als ungerecht oder unverdient oder besonders schlimm empfinden und uns selbst gut vorstellen können, wie es uns in derselben Situation gehen würde. Mitleid (und die daraus resultierende Haltung wie z.B. Hilfsbereitschaft) ist laut Wikipedia im Christentum ein zentraler Begriff. Man kann also davon ausgehen, dass unsere Gesellschaft ziemlich stark von den christlichen Vorstellungen von Mitleid als Tugend und allem, was noch daran hängt, geprägt ist.

Doch das Ganze hat auch einige Aspekte, die meist nicht ganz so geläufig sind. Mitleid kann psychologisch betrachtet sogar ziemlich ungesund sein, und zwar für beide Seiten.

Kennen Sie zufällig das Gefühl, sich gegen entgegengebrachtes Mitleid am liebsten wehren zu wollen? Dann hat sich der Andere „über“ Sie gestellt, demonstriert seine Überlegenheit, ist vielleicht übergriffig und wahrt Ihre Grenzen nicht. Das heißt, dessen Mitleid macht Sie „klein“. Es nimmt Ihnen ein Stück Ihrer Würde, es spricht Ihnen indirekt ab, dass Sie in der Lage sind, Ihr eigenes Leben oder auch nur eine bestimmte schwierige Situation selbst zu meistern. Manchmal wird auch noch Dankbarkeit dafür erwartet, was dann besonders unangenehm werden kann.

Diese Form des Mitleids erschwert, dass Sie selbst die Verantwortung dafür übernehmen können, wie es weiter geht. Das Gefühl der Hilflosigkeit wird verstärkt, was wiederum lähmt und klein macht. Vielleicht empfinden Sie selbst Ihre Situation ja auch gar nicht als bemitleidenswert, der Andere dafür umso mehr. Auch das kann im Miteinander sehr unangenehm sein.

Auf der anderen Seite gibt es auch Menschen, die „anfällig“ dafür sind, mit anderen mitzuleiden – weil sie selbst nicht in eine derartige Lage kommen möchten oder den anderen sehr mögen. Das kann leicht ausgenutzt werden, man ist leichter manipulierbar. Zu starkes Mitleid kann auch denjenigen lähmen, der mitleidet und dazu führen, dass man nicht mehr zwischen dem anderen und sich selbst unterscheiden kann. Es macht genauso hilflos. Die Grenzen verschwimmen, die eigenen und die fremden Probleme und Gefühle vermischen sich. Eventuell neigt man auch schneller dazu, etwas auf den anderen zu projizieren, was mit demjenigen gar nichts zu tun hat (dafür meist umso mehr mit einem selbst). Wer sehr im Mitleid „hängt“, ist außerdem nicht mehr in der Lage, einem anderen Menschen wirklich zu helfen, falls gewünscht.

Insgesamt lässt sich sagen: Mitleid hilft niemandem. Leid wird nicht dadurch kleiner, dass man mitleidet und sich ebenfalls schlecht fühlt.

Aber was ist nun der Unterschied zu „Mitgefühl“?

Der erste Unterschied ergibt sich schon aus den Worten: Mitleid bedeutet mit-leiden. Mitgefühl bedeutet mit-fühlen.

Mitgefühl ist eine Art herzliche Anteilnahme und hat mit Einfühlungsvermögen und Verständnis auf der Basis von Ebenbürtigkeit und Wertschätzung zu tun. Gleichzeitig ist eine objektive Sichtweise möglich.

Es ist – bildlich gesprochen – wie das Angebot einer herzlichen, tröstenden Umarmung, die von dem Betroffenen angenommen oder auch abgelehnt werden kann. Keiner von beiden fühlt sich dabei hilflos, die Grenze zwischen den eigenen Gefühlen, dem eigenen Leben und der anderen Person sind klar zu spüren. Probleme können da gelassen werden, wo sie hingehören. Ein Hilfsangebot findet auf Augenhöhe statt. Eventuell gewährte Hilfe ist angemessen, sinnvoll und zielführend und idealerweise in Absprache mit dem direkt Betroffenen.

Dies trägt zu einer Verbesserung der Situation bei, auf welche Weise auch immer. Sie lähmt oder schwächt nicht einen oder beide, sondern stärkt und gibt die nötige Kraft, die Dinge anzugehen. Mitgefühl ermöglicht einen Dialog und unterstützt dadurch das Finden von (kreativen) Lösungen. Statt Hilflosigkeit herrscht eher Zuversicht und Hoffnung. Wer Mitgefühl zeigt, nimmt den anderen ernst.

Es lohnt sich also, ein wenig aufmerksamer zu sein in Bezug auf Mitgefühl und Mitleid. Im übrigen lassen sich die Ausführungen auch auf Selbst-Mitleid und Selbst-Mitgefühl übertragen. Selbst-Mitleid hält in einem Gefühl fest, keine Wahl zu haben. Man macht sich dadurch selbst klein und gibt Verantwortung und Entscheidungsmöglichkeiten aus der Hand. Selbst-Mitgefühl hingegen ist essentiell wichtig. Dadurch spendet man sich selbst Trost, findet neue Kraft und fördert zusätzlich seine Resilienzfähigkeit.

Buchtipp # 9 Das verborgene Netzwerk der Macht. Systemische Aufstellungen in Unternehmen und Organisationen.

(Klaus-Peter Horn, Regine Brick; Verlag Gabal management 2006; ISBN 978-3-89749-122-9)

Klappentext

Die systemische Aufstellung – ursprünglich nur in der Familientherapie angewandt – gilt auch unter Managern zunehmend als Human-Potential-Methode der Zukunft. Gerade in Unternehmen mit komplexen, schwer durchschaubaren Beziehungssystemen kann sie wie ein Navigationsinstrument benutzt werden. Menschen, Teams und Unternehmen sind erfolgreich, wenn sie – ähnlich wie beim Fussball – „gut aufgestellt“ sind, also an ihrem richtigen Platz stehen und entsprechend ihrer Leistung und Position anerkannt werden. Systemische Stimmigkeit erzeugt Synergie.

Dieses Buch zeigt Ihnen anhand zahlreicher Praxisbeispiele, wie Sie die verborgene Intelligenz der systemischen Ebene für Ihr Unternehmen, Ihr Team oder Ihre persönliche Entwicklung nutzen können. Darüber hinaus erhalten Sie Anregungen für das systemische Coaching, mit dem das Makrosystem Unternehmen mit dem Mikrosystem Persönlichkeit verbunden werden kann.

„Das Buch macht mit einer psychologischen Methode bekannt, die vielleicht eine Alternative bieten könnte zu harten Einschnitten in betriebliche Systeme … Es besticht der zutiefst menschliche Ansatz.“ Süddeutsche Zeitung

„Organisationsberatung mit Tiefgang! Wer mit systematischen Ansätzen vertraut ist, findet in dem Buch wertvolle Anregung und Vertiefung.“ Training Aktuell

„Dank vieler ausführlicher … Beispiele aus ihrer Beraterpraxis beginnt auch der anfangs skeptische Leser zu begreifen, wie systematisches Coaching funktioniert … und wie mächtig unbewusstes Wissen wirkt.“ Computerwoche

Mein Eindruck

Endlich mal ein Buch zu (Organisations-) Aufstellungen, dass ich auch Klienten im Business-Kontext gerne empfehle. So könnte ich meinen Eindruck auf den Punkt bringen. Damit Sie sich ein besseres Bild machen können als aus diesem einen Satz, hole ich aber gerne noch ein bisschen aus.

Das Sachbuch gliedert sich nach der Einführung in sechs Hauptkapitel. Die Autoren beginnen mit Erklärungen, was ein System ist und welche Grundsätze dort wirken, Informationen zur Entwicklung der Methode.

Dann folgen viele Beispiele aus der eigenen Berater-Praxis, in denen der Verlauf der Aufstellungen zwar vereinfacht und verkürzt dargestellt wird, was für einen grundsätzlichen ersten Einblick dennoch ausreichend ist.

Es schließt sich ein Kapitel mit Fragen und Antworten aus den eigenen Seminaren an, ein Kapitel, in dem der eigene Ansatz dargestellt wird und am Ende des Buches ein kurzer Fragenkatalog, mit dessen Hilfe jeder sofort einen ersten Blick auf sein eigenes Umfeld werfen kann.

Auf 227 Seiten schaffen es die Autoren meiner Ansicht nach herausragend gut, einen ersten sehr gut strukturierten Ein- und Überblick zu geben, der nicht überlastet und gleichzeitig dennoch nichts Wichtiges außen vor lässt. Gerade auch für (Business-)Kunden mit wenig Zeit und interessierte Laien ein wichtiger Faktor.

Die Seiten sind sehr übersichtlich gestaltet und zur schnelleren Orientierung mit Randnotizen versehen. Die Sprache ist locker und flüssig, das Buch liest sich trotz des komplexen Themas leicht.

Die Fallbeispiele aus dem Unternehmensalltag illustrieren eindrücklich die Einsatzmöglichkeiten. Die Erklärungen des Autorenduos sind ausführlich und geduldig, sie beleuchten auch skeptische Fragen ausreichend und stellen dar, wie die Methode der Systemischen Aufstellung mit anderen Methoden (z.B. Schultz von Thun, Stone) sinnvoll verknüpft werden kann. Selbst Fachleute dürften noch die ein oder andere gute Ergänzung finden.

Besonders gefreut hat mich, dass es neben meiner verstorbenen Mentorin Dr. Evelin Kroschel auch noch andere Berater wie die Autoren Horn und Brick gibt, die konsequent den Weg vom äußeren System (Unternehmen, Organisation, Makrosystem) zum inneren System (Mikrosystem, Persönlichkeitsanteile, Scriptarbeit oder wie man es auch nennen mag) gehen.

Dies ist nicht selbstverständlich und sehr viele Berater und Coaches beschränken sich entweder auf das eine oder das andere. Wobei erfahrungsgemäß für viele Fragestellungen erst in der Kombination das volle Potential der Methode nutzbar wird, Lösungen leichter umgesetzt werden können und Ergebnisse nachhaltiger sind. Und genau diese Erkenntnis wird mit Beispielen aus dem eigenen Ansatz der Autoren informativ und überzeugend dargestellt.

Es ist also ein Buch aus der Praxis für die Praxis und als Einstieg meines Erachtens besser geeignet als die meisten anderen Bücher, die ich zur Systemischen Organisationsaufstellung bisher gelesen habe. Gleichzeitig empfehle ich Interessierten ergänzend die Teilnahme an einem Seminar oder bei Bedarf einen Einzel-Termin bei einem versierten Aufsteller, um ein vollständiges Bild von Methode und Wirkung zu bekommen.

Fazit: Lesenswert – für alle, die menschliche Beziehungssysteme besser verstehen und „gut aufgestellt“ sein wollen.

Buchtipp #8 Kriegsenkel. Die Erben der vergessenen Generation.

(Sabine Bode, Verlag Klett-Cotta 2015, ISBN 978-3-608-94808-0)

Klappentext

Die Kinder der Kriegskinder melden sich zu Wort.

Die Kriegsvergangenheit zeigt auch heute noch in vielen Familien Spuren, bis in die zweite und dritte Generation hinein. Ein Buch, das den „Kriegsenkeln“ hilft, ihre Eltern und sich selbst besser zu verstehen.

„Die Kriegsenkel sind die heute 35- bis 50-jährigen Kinder der ‘Kriegskinder’. Sabine Bode verdeutlicht anschaulich die weitreichenden transgenerationalen Auswirkungen auf ihre Erziehung und Entwicklung und sogar auf ihre gegenwärtigen Beziehungen.“
Hartmut Radebold

„Sabine Bode beschreibt, wie die Schrecken des Zweiten Weltkriegs bis heute in vielen Familien fortwirken.“
Andreas Fasel, Welt am Sonntag

Mein Eindruck

Sabine Bode widmet sich in diesem Buch dem Thema Zweiter Weltkrieg auf eine etwas andere Art.

Sie skizziert anhand von biographischen Interviews mit Kindern der Kriegskinder – den Kriegsenkeln – die Folgen der sogenannten transgenerationalen Weitergabe. Das bedeutet wie Prägungen und Traumata der Kriegskinder in die nächste(n) Generation(en) wirken.

Sogenannte Kriegsenkel sind die Generation der ab Ende der 1950er bis Mitte der 1970er Jahre geborenen Kinder, deren Eltern als Kinder den Zweiten Weltkrieg erlebt haben.

Ihr Ausgangspunkt sind dabei die mittlerweile gefestigten Thesen, dass Krieg sich einerseits immer auf Betroffene auswirkt, egal ob Täter oder Opfer. Und andererseits unbearbeitete Traumata und Prägungen sich auf den unterschiedlichsten Wegen in den nächsten Generationen fortsetzen.

Dieses Buch ist kein „Lösungsbuch“ oder Selbsthilfebuch im klassischen Sinne und dennoch bietet es so etwas wie Lösungen: nämlich Erklärungen, (Hintergrund-)Informationen, eine Bandbreite an dargestellten Erfahrungen. Und somit der betroffenen Generation die Möglichkeit, die bisher vielleicht unverständlichen Puzzle-Stücke und Fragen ihres Lebens selbst besser zusammentragen und verstehen zu können.

Anhand der 18 Geschichten innerhalb der 14 Kapitel zeigen sich trotz der Unterschiedlichkeit der einzelnen Lebenswege ein paar Gemeinsamkeiten, die vielleicht sogar symptomatisch sind für Viele einer Generation:

  • fehlende emotionale Erreichbarkeit, Wärme oder echtes Interesse der Eltern an ihren Kindern
  • die Diskrepanz zwischen einem allgegenwärtigen Übermaß an Fakten bei gleichzeitig fehlenden Informationen zur eigenen Familiengeschichte
  • und etwas, das Sabine Bode „Nebel“ nennt und letztlich ein Begriff ist für viele nicht greifbare, nicht offensichtliche, nicht ausgesprochene oder thematisierte Gefühle, Stimmungen, Erlebnisse und deren Folgen innerhalb der Familien

Das Buch zeigt sich trotz der Schwere des Themas angenehm unaufgeregt, da es ohne Schuldzuweisungen oder Verurteilungen, ja fast schon neutral beobachtend geschrieben ist.

Dennoch bleibt der Bezug zur emotionalen Betroffenheit der Interviewpartner erhalten. Es liest sich einfach, wenn auch nicht leicht. Meiner Ansicht nach bietet das Buch sich an, auf eigene Resonanzen beim Lesen zu achten. Sich gegebenenfalls Notizen zu machen und anschließend allein oder mit therapeutischer Begleitung die jeweils eigenen wichtigen Punkte anzugehen. Damit so viele Jahre nach Kriegsende endlich Frieden und Freiheit in die Seelen einkehrt.

Fazit: Lesenswert – für alle, die die langen Schatten der Vergangenheit überwinden oder einfach nur verstehen wollen.

Buchtipp #7 Mitochondrientherapie – die Alternative.

(Dr. sc. med. Bodo Kuklinski, Dr. Anja Schemionek, Verlag Aurum 2015, ISBN 978-3-89901-764-9)

Klappentext

In akuten Situationen und Notfällen kann Schulmedizin die Rettung sein, doch bei chronischen Erkrankungen versagt sie oft kläglich. Dann lautet die Diagnose: Heilung ausgeschlossen!

Erschwerend kommt hinzu, dass die verordneten Medikamente oft massive Nebenwirkungen haben, die neue Krankheiten heraufbeschwören oder sogar die bestehende verschlechtern. Einen Ausweg aus dieser Sackgasse bietet die Mitochondrientherapie. Sie greift dort, wo die wahre Ursache vieler Erkrankungen liegt: In den Körperzellen und bei den energieliefernden Mitochondrien. Dr. Bodo Kuklinski forscht und arbeitet seit vielen Jahren an der Bedeutung der Mitochondrien bei Erkrankungen des Menschen. So konnte er schon bei vielen scheinbar hoffnungslosen Fällen helfen. Leider arbeiten bisher nur sehr wenige Mediziner auf diesem zukunftsweisenden Gebiet. Daher hat er seine Erfahrung für dieses Buch zusammengefasst. Er gibt Betroffenen konkrete Hilfe zur Selbsthilfe. Mit detaillierten Angaben zu den häufigsten Erkrankungen und vielen Informationen, die verständlich darlegen, warum die herkömmliche Medizin unbedingt mehr über Mitochondrien wissen sollte.

Mein Eindruck

Warum empfehle ich hier ein Buch, das körperliche Vorgänge behandelt? Und noch dazu derart komplexe Vorgänge wie die hier beschriebenen?

Die Antwort ist einfach: ich bin davon überzeugt, dass Körper, Geist und Seele eine untrennbare Einheit bilden und sich gegenseitig beeinflussen. Dieses Buch beschreibt mögliche Zusammenhänge zwischen Stress und gestörtem Mitochondrien-Stoffwechsel, wie daraus Burnout, Depressionen und andere psychische Probleme entstehen können und inwiefern diese auch eine körperliche Ursache haben können. Und weiterführend auch welchen Einfluss Psychopharmaka und schulmedizinische Medikation auf eine weitere Verschlechterung des Zellstoffwechsels haben. Ganzheitlich betrachtet betrifft es also mein Fachgebiet, Psyche und Wohlbefinden.

Diese Veröffentlichung gehört definitiv nicht in die Kategorie „leicht zu lesen“. Außer Sie sind vielleicht Mediziner, Biochemiker oder vergleichbares. Dennoch zeigt es in einem überschaubaren Umfang von 224 Seiten und weitestgehend auch für Laien verständlich, dass körperlich betrachtet ziemlich viel zusammenwirkt, was Otto Normalo und meist auch der konsultierte Haus- oder Facharzt erst mal nicht im Blick hat.

Wie im Klappentext erwähnt hat das Buch den Anspruch „Hilfe zur Selbsthilfe“. Meiner Ansicht nach kann es aufgrund der Tiefe und Breite des Themas jedoch eher nur ein Einstieg in die Materie sein, ein erster Überblick. Es ist ein Buch das aufrüttelt und informiert und dazu aufruft, selbst Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen (und sei es durch die Konsultation eines Spezialisten). Eine Eigenbehandlung würde ich nur aufgrund der Lektüre definitiv nicht durchführen.

Der Inhalt umfasst Informationen über Multiorganerkrankungen, die Funktionsweise und den Sinn von Mitochondrien und daran anschließend, wie sich eine sekundäre (also während des Lebens erworbene) Mitochondriopathie diagnostizieren lässt bzw. bei welchen Symptomen sie zumindest mit in Betracht gezogen werden sollte.

Weiter geht es mit konkreten Therapievorschlägen: angefangen bei der täglichen Ernährung, Ausführungen zu körperlicher Aktivität (hier vor allem auch die Frage, wie viel individuell gesund ist), der Wichtigkeit von Stressreduktion, Verbesserung der Nachtschlafqualität, Informationen zu Mikronährstoffen und chemischen Belastungen des Körpers.

Zum Schluss werden in kurzen Kapiteln noch Krankheiten und gesundheitliche Probleme aus Sicht des Mitochondrien-Stoffwechsels behandelt. Hierzu zählen CFS, ME, Fibromyalgie und Migräne genauso wie Augenerkrankungen, Diabetes und andere weit verbreitete Krankheiten (die dann nach betroffenem Organ sortiert werden, wie zum Beispiel Herz, Lunge, Niere, etc.).

Für ein erstes Grundverständnis des körperlichen Zusammenspiels lässt sich das Buch auch ohne die zahlreichen Empfehlungen zu Mikronährstoffen und Laborwerten durchlesen. Sollten Sie sich an der ein oder anderen Stelle der beschriebenen Symptome wiederfinden, lege ich Ihnen allerdings ausdrücklich ans Herz, einen spezialisierten Arzt oder Heilpraktiker aufzusuchen.

Neben den teils ziemlich spezifischen Therapievorschlägen sind jedoch immer wieder auch kleine Hinweise und Tipps aufgeführt, die sich gefahrlos und ohne Begleitung durch einen Fachmann in das tägliche Leben integrieren lassen. Alles in allem ein wertvolles Buch, das dazu beiträgt, eigenverantwortlich und mündig für die eigenen Gesundheit sorgen zu können.

Fazit: Lesenswert – für jeden, der grundsätzlich mehr über Gesundheit wissen und verstehen möchte.

Buchtipp #6 Wenn du willst, was du noch nie gehabt hast, dann tu, was du noch nie getan hast. Geschichten und Lebensweisheiten.

(Nossrat Peseschkian; Verlag Herder 2013; ISBN 978-3-451-05918-6)

Klappentext

Geschichten können Medizin für die Seele sein: eine knappe Weisheit, eine aufschlussreiche, witzige Szene kann schneller ein Aha-Erlebnis bewirken als langwieriges Analysieren. Nossrat Peseschkian, Autor von „Der Kaufmann und der Papagei“ , schildert in seinen Geschichten scheinbar festgefahrene Situationen, die plötzlich in überraschend neuem Licht erscheinen – und den Blick öffnen für neue, befreiende Lebensmöglichkeiten.

Dr. med., Facharzt u.a. für Psychotherapeutische Medizin, Honorarprofessor, Begründer der Positiven Psychotherapie, Gründer und Leiter der Wiesbadener Akademie für Psychotherapie. Intensive Forschungs- und Lehrtätigkeit in über 60 Staaten. Zahlreiche Bücher und Publikationen.

Mein Eindruck

Lebensweisheiten in Geschichtenform – seit Urzeiten eine, wie ich finde, sehr schöne Art, kluge Gedanken und Erkenntnisse untereinander weiter zu geben.

Der Autor verwendet eine bildhafte Sprache in den orientalischen Geschichten, welche für sich genommen schon intuitiv wirken würden. Im Anschluss an jede Geschichte ergänzt er noch Beispiele, wie Patienten seiner psychotherapeutischen Praxis mit den Geschichten umgegangen sind, sowie zugehörige Erläuterungen aus seiner Sicht. An manchen Stellen braucht es jedoch ein wenig Geduld und Um-die-Ecke-denken, um sich dem anzunähern, was Peseschkian im jeweiligen Zusammenhang wichtig war. Zitate oder kurze Sätze runden die jeweiligen Themenabschnitte am Ende ab.

Die Sprache ist einfach und verständlich. Verwendete Fremdwörter und Fachbegriffe erschließen sich auch aus dem Zusammenhang. Die Themen sind breit gefächert: neue Sichtweisen, Perfektionismus, Geben und Nehmen, Ablösung, Vorurteile, Fähigkeiten, Authentizität, Liebe, Rache, Geld, Selbstwert und einiges mehr.

Am Ende des kleinen Büchleins findet sich noch ein Kapitel zur Positiven Psychotherapie, deren Begründer er war, und eines über „Die Bedeutung von Geschichten, Lebensweisheiten und Humor im Alltagsleben“.

Der Autor, der bereits 2010 verstorben ist, ermuntert in seinem Buch dazu, das Leben nicht nur selbst in die Hand zu nehmen, sondern es auch immer wieder zu hinterfragen. Sich selbst auf leichte und dennoch tiefgründige Art auf die Schliche zu kommen. Gewohnheiten zu ändern, neue Sichtweisen einzunehmen, kreativ zu sein. Er macht Mut und kommt angenehm menschlich daher. Der Leser findet keine Lösungen vor, sondern eher Ansätze und Anregungen, die einen eigenen Perspektivwechsel nahe legen. Und Eigenverantwortung fordern.

Was dieses Buch nicht ist: Es ist kein Motivationsbuch, keine Anleitung zum positiven Denken oder auch kein dogmatisches Vorkauen von „Tu dies und lass jenes“. Es ist durchaus förderlich, sich ein wenig mit den Geschichten in Bezug auf das eigene Leben und den eigenen Denkweisen und Ansichten auseinander zu setzen. Eher getreu dem Motto von Vince Ebert: „Denken Sie selbst“.

Meiner Erfahrung nach sind die orientalischen Geschichten nicht für jeden gleich gut zugänglich. Manche Klienten lieben dieses Buch, andere können nichts damit anfangen. Auch bin ich persönlich nicht mit allen Schlussfolgerungen des Autors im ergänzenden Teil einverstanden. Wer jedoch Märchen oder Geschichten liebt, sich selbst und das Leben gerne hinterfragt, ist hier gut aufgehoben.

Fazit: Lesenswert – mit oben genannten Einschränkungen.