Archiv des Autors: Angela Diez

Der lange Schatten des Firmengründers. Warum es wichtig ist, seinen eigenen Führungsstil zu finden.

Statt Ihnen jede Menge Informationen aufzulisten, beschreibe ich Ihnen die Geschichte eines Kunden. Vielen Dank an dieser Stelle, dass ich die Geschichte veröffentlichen darf.

Herr W., Mitte 50, ist ein mittelständischer Unternehmer in zweiter Generation mit circa 80 Mitarbeitern. Sein Vater, der Firmengründer, ist vor kurzem verstorben. Bis zuletzt war er täglich in der Firma präsent – durchaus auch zum Leidwesen seines Sohnes, denn Herr W. handelte seit knapp zehn Jahren (so lange hatte er den Betrieb schon übernommen) genau so, wie sein Vater es erwartete. Oder wie er dachte, dass sein Vater es erwartete.

Zahlenmäßig war er bisher zwar sehr erfolgreich, das war hier offensichtlich nicht das Problem. Er hatte jedoch kein Profil als Führungskraft, kein Charisma als Unternehmer, keine authentische Ausstrahlung.

Er konnte keine Stärke oder Zuversicht vermitteln und identifizierte sich auch nicht wirklich mit seinem Unternehmen. Als sein Vater noch lebte, kompensierte dieser das fehlende Profil. Sein Vater war nach wie vor die Leitfigur der Firma, Herr W. empfand ihn sogar als „omnipräsent“.

Nach dem Tod des Vaters ist Herr W. nun auf sich gestellt. Es tauchen mehr und mehr Schwierigkeiten in verschiedenen Bereichen auf.

Der Schatten des Vaters

Als er zu mir kommt, war sein Arbeitsauftrag zunächst sehr diffus. Er habe viele verschiedene Probleme, das dringendste sei jedoch, dass er sich manchmal wie ein Phantom und in seiner eigenen Firma und fehl am Platz fühle.

Seine Mitarbeiter waren immer noch sehr loyal zu seinem verstorbenen Vater, was ihm jede noch so kleine Innovation erschwerte. Spannungen und Konflikte nahmen immer mehr zu und er konnte sich nicht so genau erklären, woran das lag. Schließlich tat er doch alles genau so, wie es immer von ihm erwartet wurde. Und wie es bisher scheinbar auch gepasst hatte. Der Schatten des Vaters machte ihm den Alltag schwer.

Bereits im ersten Termin stellt Herr W. fest, dass er zwar den Führungsstil seines Vaters kopiert hat, sich damit allerdings weder wohl fühlt noch seine Ziele erreicht.

Eher im Gegenteil: nach dem Tod des Vaters stößt er bei Mitarbeitern an massive Grenzen bis hin zu offener Kritik. Und das wird langsam ein echtes Problem. Außerdem fühlt er sich seinem Vater unterlegen. Irgendwie noch wie ein kleiner Junge, sobald nur die Sprache auf seinen Vater kommt. Das macht ihn ganz konfus, wie er es beschreibt.

Wir erarbeiten dann in mehreren Terminen gemeinsam, was Herrn W. eigentlich ausmacht, denn das weiß er bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht so genau. Er lernt, was seine Mitarbeiter brauchen. Was Führung eigentlich heißt. Und wie er all das zusammen bringt. Und auch sein Verhältnis zu seinem Vater sowie sein eigenes erwachsen werden ist immer wieder Thema.

Der Durchbruch

Je bewusster Herr W. in seinen Arbeitsalltag integrieren kann, was er alles gelernt und entdeckt hat, umso loyaler reagieren nach und nach seine Mitarbeiter auf ihn.

Er gewinnt an Klarheit und Zielstrebigkeit und entdeckt sein eigenes Interesse für das Unternehmen.

Er versteht, warum seine Mitarbeiter so schlecht auf ihn zu sprechen waren. Und wie er besser führen kann, damit sie ihm genauso loyal begegnen wie seinem Vater. Gerade weil er jetzt keine Kopie mehr ist, sondern ein Original. Das ist der endgültige Durchbruch.

Sein Vater als Firmengründer hat seinen Platz in der Unternehmensgeschichte, dessen Verdienste sind unbenommen und geachtet.

Gleichzeitig ist Herr W. jetzt in der Lage, die Firma auf seine Art sehr erfolgreich in die Zukunft zu führen. Er wirkt lebendiger und mitreißend, wenn er voller Stolz von seiner Firma und seinen Plänen dafür spricht. Das steckt an – nicht nur seine Mitarbeiter. Und er überlegt jetzt schon, was er später bei seinem eigenen Ausscheiden anders machen muss, um seinem Nachfolger und seinen Mitarbeitern einen besseren Übergang zu ermöglichen als er es erlebt hat.

In der Folge gab es noch ein paar lose Mentoring Termine, die inzwischen auch nicht mehr nötig sind. Herr W. ist in seiner Rolle als Unternehmer und Führungskraft angekommen.

Wie aus nicht erfüllten Bedürfnissen Konflikte werden

Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie Konflikte eigentlich zustande kommen? Wenn man nicht gerade selbst von Streit und Spannungen betroffen ist, ist das eine ziemlich spannende Frage: wie führt eins zum anderen, bevor es kracht?

Lange bevor ein Konflikt entsteht oder sogar eskaliert, findet etwas sehr normales und alltägliches statt, das bei jedem von uns ständig abläuft: ein Bedürfnis möchte befriedigt werden. Es gibt körperliche Bedürfnisse wie atmen, schlafen, essen und so weiter. Und es gibt psychische Grundbedürfnisse wie zum Beispiel das Bedürfnis nach Sicherheit, das Bedürfnis, sich selbst entfalten zu können, das Bedürfnis, sich etwas aufzubauen, das Bedürfnis dazu zu gehören oder das Bedürfnis gesehen und anerkannt zu werden, um nur einige zu nennen.

Im übrigen sind auch unterschiedliche Erwartungen, Wertvorstellungen und Ziele auf Bedürfnisse zurückzuführen. Weshalb ich vereinfacht nur von Bedürfnissen spreche.

Je nachdem, welches Bedürfnis nun beim Einzelnen gerade wie stark im Vordergrund steht, kann es im Kontext mit anderen schon sehr konträr sein.

Ein Beispiel

Der Chef ist ein Workaholic und er erwartet das auch von seinen Mitarbeitern. Sein einziger Lebensinhalt ist die Arbeit. Sein Mitarbeiter hingegen ist der Meinung, dass er nur dieses eine Leben hat und möchte so viel erleben wie möglich. Was natürlich vorsichtig formuliert auch ein gewisses Kontingent an Freizeit erfordert. Und schon haben wir das Potential für eine lange Reihe an möglichen Konflikten. Denn solange jeder nur seine Seite sieht und als richtig empfindet,  werden die beiden nicht wirklich zusammen kommen.

Noch ein wenig spannender wird das Ganze, wenn sich mehrere Grundbedürfnisse vermischen. Um das zu veranschaulichen, spinne ich obiges Beispiel noch ein wenig weiter:

Der Chef ist auch noch Single und hat nur wenige Freunde, mit denen er auch nicht so viel anfangen kann. Ein klassischer Eigenbrötler, der am liebsten einen geregelten Tagesablauf hat. Außerdem ist er sehr darauf bedacht, sich ein sicheres finanzielles Polster aufzubauen. Er beschäftigt sich in seiner kurzen Freizeit lieber damit, sein Wissen über sichere Finanzanlagen zu erweitern. Er fühlt sich gut, wenn er mit seinem Wissen hin und wieder glänzen kann.

Der Mitarbeiter hingegen hat nicht nur eine große Familie, die eine wichtige Rolle spielt. Sondern auch noch unzählige verschiedene Freundeskreise. Er liebt es, ständig Neues auszuprobieren. Da er sehr sportlich ist und ihm alles schnell gelingt, was er in seiner Freizeit ausprobiert, bekommen er viel Anerkennung von seinen Freunden und Sportpartnern.

Gegensätzliche Bedürfnisse im Alltag

Zugegeben – das ist ein bewusst plastisch kreiertes Beispiel. Doch nun stellen Sie sich einmal den Arbeitsalltag der beiden vor. Das Unverständnis für das Leben des anderen ist förmlich zu spüren. Es begleitet die zwei mindestens unterschwellig tagein, tagaus. In puncto Arbeitsengagement werden die beiden sehr wahrscheinlich nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Denn der Chef möchte mehr Einsatz sehen, erwartet völlig selbstverständlich auch Überstunden. Und der Mitarbeiter möchte genauso selbstverständlich seine Verabredungen nach der Arbeit wahrnehmen können.

Auch die Art und Weise, wie die Arbeit getan wird, könnte ein Streitpunkt sein. Der Chef hat es gern, wenn die Dinge geregelt und jederzeit überschaubar, sogar kontrollierbar, ablaufen. Der Mitarbeiter ist vielleicht manchmal knapp dran oder macht die Dinge jedes Mal ein wenig anders. Er entzieht sich damit der Kontrolle des Chefs, anfangs mit Sicherheit unbewusst und automatisch.

Nun sind wir Menschen schon häufig so gestrickt, dass wir ohne einen gewissen inneren Abstand und Selbstreflexion das, was uns so im Leben begegnet, auf uns selbst beziehen.

In unserem Beispiel fühlt sich der Chef „verarscht“. Er denkt im schlimmsten Fall, dass sein Mitarbeiter sich respektlos ihm gegenüber verhält und dass der das ja nur tut, um ihn zu ärgern oder ihn vorzuführen. Er fühlt sich angegriffen.

Der Mitarbeiter hingegen fühlt sich sehr wahrscheinlich gegängelt, kontrolliert und ungerecht behandelt. Er fühlt sich nicht wohl in diesem Arbeitsumfeld und kann sein eigentliches Potential gar nicht richtig ausschöpfen. Was wirklich schade ist, denn er könnte das Team sehr bereichern.

Eins kommt zum Anderen

Beide fühlen sich unverstanden und werden durch das Verhalten und die Worte des anderen gekränkt. Ganz automatisch – dafür muss der jeweils andere noch gar nichts absichtlich tun. Immer mehr stauen sich diese Kränkungen an, es kommt eins zum anderen und irgendwann brechen die Dämme. Aus inneren Kränkungen wird ein offener Konflikt. Der sich jeden Tag neue Wege sucht.

Wenn jetzt nicht beide inne halten und sich damit beschäftigen, wie es soweit kommen konnte, ist die Situation kaum mehr zu retten. Zu tief sitzt beim Einzelnen, was alles war. Genährt durch die eigenen Interpretationen, die mit dem jeweils anderen normalerweise wenig bis nichts zu tun haben. Ärger, Wut und Scham tun ihr übriges. Und wie sich das Umfeld verhält habe ich noch gar nicht berücksichtigt.

Sie sehen: es braucht im Ursprung oft nicht viel, dass Konflikte entstehen können.

Sie können jedoch einiges tun, um konfliktreiche Situationen zu retten. Ein Konfliktcoaching wäre eine Möglichkeit.

 

 

Warum Konfliktcoaching und was das mit meiner inneren Natur zu tun hat

Das Jahr 2017 war ein spannendes Jahr. Zumindest für mich. Irgendetwas tat sich in mir, nur zu fassen kriegte ich es nicht richtig. Zehn Jahre selbstständig. Und dennoch ein Gefühl, als ob etwas fehlen würde. Nur was? Kann das überhaupt sein?

Ich liebe, was ich tue. Es erfüllt mich zu sehen, wie meine Kunden und Patienten Blockaden und Konflikte lösen, sich weiterentwickeln und mehr sie selbst werden. Wie Führungskräfte oder Firmen mit einer veränderten Herangehensweise Ergebnisse erreichen, die sie sich vorher nicht erhoffen konnten. Oder Menschen den Weg aus Trauma, Depression und Suizidalität in eine gelassene Lebensstärke und -freude finden. Ich kann mir keinen schöneren Beruf vorstellen und bin für jeden einzelnen Menschen, der mir schon begegnet ist und damit auch mich weitergebracht hat, dankbar.

So manche Ausbildung hätte ich ohne Ihre Bedürfnisse, sehr geehrte Kunden, wohl gar nicht erst gemacht und jetzt bereichern diese Methoden meinen Handlungsspielraum. Ein Danke an alle, die mir schon ihr Vertrauen geschenkt haben und mich damit auch immer wieder gefordert haben.

Doch zurück.

Wie finde ich heraus, wohin es nun gehen soll? Das war ein hartes Stück Arbeit. Man könnte es Wachstumsschmerzen nennen, denn eine Weiterentwicklung bedeutet ja auch, dass man etwas zurück lässt und das schmerzt manchmal. In meinem Fall lasse ich die Therapie zurück. Diese Entscheidung zu treffen, hat mich ein paar Monate gekostet. Und auch wenn noch ein bisschen Wehmut diesbezüglich mitschwingt, ist es die richtige Entscheidung. Da bin ich mir sicher.

So weit so gut. Und jetzt? Die Therapie aufzugeben ist das eine. Nur wohin geht es dann im Coaching? Was ist das Thema, mit dem ich mich wirklich von Herzen identifizieren kann? Spitz aufstellen im Markt, wie es in den letzten Jahren aus Marketingsicht immer wichtiger wurde, ist ja schön und gut – aber bitte ohne deswegen etwas wegzulassen, was für mich elementar ist.

Konfliktcoaching

Und wieder gingen ein paar Monate ins Land. Viele Gespräche und mehrere Versuche mit verschiedenen Marketingleuten später dann der Durchbruch (Herzlichen Dank an #schmidundkreative):

Konfliktcoaching ist der Begriff, mit dem ich mich identifizieren kann und unter dem ich alles versammeln kann, was mir wichtig ist.

Wie kommt’s? Ganz einfach, denn hier kommt meine innere Natur ins Spiel.

Ich bin – quasi schon seit meiner Kindheit – der überzeugten Ansicht, dass sich mit Verständnis und wohlwollendem Miteinander für jedes Problem und jeden Konflikt eine passende und dauerhafte Lösung finden lässt. Und das liegt beileibe nicht an einem übersteigerten Harmoniebedürfnis.

Da ich schon früher nicht nur denjenigen verstehen konnte, der mir sein Leid geklagt hat, sondern automatisch die Gegenseite gleich mit im Blick hatte, bin ich mit meiner Sicht und meinen Antworten öfter mal angeeckt. Was ziemlich sicher daran lag, dass ich mich diesbezüglich und insgesamt nicht richtig verständlich machen konnte und damit natürlich auch nicht richtig verstanden wurde. Einige Rückschläge und Krisen in meinem Leben, die ich gerne besser gelöst hätte, waren rückblickend betrachtet gute Lehrmeister.

Damals kannte ich einfach die Zusammenhänge menschlichen Miteinanders, die Gesetzmäßigkeiten innerer Glaubenssätze oder wie stark sich die Familie samt der früheren Generationen im eigenen Leben auswirken kann noch nicht bzw. nicht genug.

Heute verbinde ich alles miteinander – mein Innerstes und meine Überzeugung, mein Wissen und meine Erfahrungen aus etlichen Therapie- und Coachingsituationen und meine Vision. Und stelle immer wieder aufs Neue fest, dass diese innere Natur sich nicht umsonst so hartnäckig all die Jahre gehalten hat. Unterm Strich wird eben alles gut.

Die Welt ist voller Konflikte

Das ist an sich noch nichts Schlechtes, denn gemäß dem Evolutionstheoretiker Enrico Coen ist ein Konflikt nichts anderes als eine Asymmetrie, ein Ungleichgewicht und als solches für eine Weiterentwicklung, ja sogar für das Leben selbst notwendig. Damit es sich entwickeln, verbessern und erneuern kann.

Also warum Konfliktcoaching?

Ist ja vielleicht doch alles kein Problem, wenn es nach Coen geht. Könnte man meinen. Wozu dann einen Konfliktcoach?

Dazu muss ich etwas klar stellen: Für mich geht es nicht darum, auf biegen und brechen jeden Konflikt zu vermeiden. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob das für uns Menschen überhaupt möglich ist. Und ob es sinnvoll sein könnte steht nochmal auf einem ganz anderen Blatt, wenn man nicht nur Coen sondern auch noch Erkenntnisse aus Entwicklungspsychologie, Organisationstheorie, Philosophie und anderen Richtungen zu Rate zieht. Spannung bewirkt ja auch Veränderung.

Nein, für mich geht es grob gesagt eher darum, wie jeder einzelne mit Konflikten umgeht und was das in unserer Gesellschaft bewirkt. Ob man sich gegenseitig versteht, damit Lösungen gefunden werden und Entwicklung stattfindet. Mir ist es wichtig, die Weisheit des Konflikts zu nutzen, die in den meisten Fällen im Verborgenen liegt. Und doch ganz elementar dafür ist, ob und wie es miteinander weitergeht.

Der Schlüssel für ein gewinnbringendes Miteinander liegt also im Verständnis. Verständnis für sich selbst und andere, für Ursachen und Zusammenhänge. Davon bin ich fest überzeugt.

Meine Vision

Wenn sich mehr Konflikte lösen lassen, Kränkungen heilen und sich der Umgang miteinander verbessert, dann zieht das nach und nach Kreise.
Und auf das große Ganze übertragen könnte unsere Welt davon durchaus profitieren.

Lassen Sie uns anfangen.